Ob Billigstromanbieter Neukunden mit einem dubiosen Bonus köderten, E-Mails mit gefälschten Rechnungen namhafter Unternehmen im Umlauf waren oder Kreditinstitute die Erstattung unzulässiger Kreditbearbeitungsentgelte abwimmelten: Für mehr als 850.000 Ratsuchende war die Verbraucherzentrale NRW 2014 als Anlaufstelle „erste Wahl“. Mit mehr als 5,6 Millionen Internetnutzern war sie auch online ein Favorit in Sachen Verbraucherinformation.
Finanzthemen bestimmten 2014 den Beratungsalltag: „Eine Nachfragewelle löste die Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus, dass Bearbeitungsentgelte für Darlehen unzulässig sind“, berichtet Verbraucherzentralenvorstand Wolfgang Schuldzinski. Ratsuchende wollten wissen, für welche Darlehnsverträge Erstattungen möglich sind, welche Verjährungsfristen gelten und erkundigten sich nach Rückforderungsmodalitäten. Der Musterbrief zur Rückforderung wurde über 700.000 Mal aus dem Internet heruntergeladen. Wermutstropfen der verbraucherfreundlichen Entscheidung: „Banken und Sparkassen wimmelten Kunden massenhaft mit fadenscheinigen Argumenten ab: Mal schoben sie vor, dass die Urteilsbegründungen der Karlsruher Richter noch gar nicht vorlägen. Ein anderes Mal wollten sie die Erstattung mit dem Argument versagen, dass das Darlehen bereits zurückgezahlt sei. Oder Banken verwiesen darauf, dass der Kunde das Bearbeitungsentgelt vorbehaltlos bezahlt habe“, so Schuldzinski.
Fast 4.000 solcher Ablehnungsschreiben hat die Verbraucherzentrale NRW inzwischen gesammelt – mit Forderungen von einigen Millionen Euro, die zurzeit noch in der Hinhalte-Pipeline der Kreditinstitute schmoren.
Zudem sorgten fehlerhafte Widerrufsbelehrungen in einer Vielzahl von Immobiliendarlehnsverträgen für ausgebuchte Beratungstermine: „Denn wurden Wohnungskäufer oder Bauherren falsch über das Widerrufsrecht belehrt, können sie den Vertrag unter Umständen noch ‚ewig‘ widerrufen. Von der vorzeitigen Auflösung profitieren Kreditnehmer, die nach der Kündigung ihres Immobiliendarlehens eine Vorfälligkeitsentschädigung, meist einige Tausend Euro, zahlen mussten oder noch sollen. Denn sie müssen nicht kündigen, sondern können den Kreditvertrag widerrufen und sparen so diese von der Bank geforderte Entschädigung“, erläuterte der Verbraucherzentralenvorstand.
Probleme mit Telekommunikationsanbietern verteidigten 2014 ihre Spitzenstellung in der Statistik der Rechtsberatungen. „Das Telekommunikationsgesetz hat Verbrauchern 2012 zwar mehr Rechte beim Umzug gebracht. Doch zeigt der Beratungsalltag, dass Internet- und Telefonkunden daraus auch 2014 noch immer wenig praktischen Nutzen ziehen können. Denn geplatzte Installationstermine, lange Wartezeiten, mangelhafte Kommunikation und Kooperation der Telekommunikationsanbieter waren einmal mehr an der Tagesordnung. Wie gehabt: Unternehmen weisen sich auch weiterhin gegenseitig die Schuld zu, wenn es beim Anbieterwechsel hakt“, moniert der Verbraucherzentralenvorstand.
Kurzer Draht zu anbieterunabhängigem Rat war auch gefragt, als die Telekom das Ende des analogen Festnetzes einläutete und Kunden im Laufe des Jahres mit der Zwangsumstellung auf die „Voice over Internet Protocol (VoIP)-Technik“ drohte. Bestandskunden hatte das Unternehmen in seinen Schreiben vor die Wahl gestellt, ob sie umstellen oder ihren Anschluss ganz verlieren wollen.
Für Verbraucherärger sorgte ebenso das Vorgehen vieler Anbieter, ihren Kunden die Telefonrechnung nicht mehr per Post, sondern allein übers Internet zur Verfügung zu stellen. Wer weiterhin eine postalische Rechnung haben wollte, sollte dafür dann extra bezahlen.
Millionenfach haben Onlinegauner 2014 wieder versucht, Kontodaten abzufischen: Mit dem Versand von Phishing- und Trojaner-E-Mails mit gefährlichen Zip-Anhängen wollten sie geheime Zugangsinformationen erschleichen. Fast 80.000 E-Mails über solche Beutezüge im Netz haben Verbraucher im letzten Jahr an das Phishing-Radar der Verbraucherzentrale NRW gemeldet. „Über 2.700 Warnungen vor betrügerischen Betreffzeilen und Internetseiten haben wir öffentlich gestellt und auf drohende Attacken hingewiesen. Fast 200.000-mal hat das Phishing-Radar seit der Freischaltung im Oktober 2010 bis heute ausgeschlagen – Tendenz weiter steigend“, so Schuldzinski. Bemerkenswert: Während die Absender der falschen Rechnungen früher meistens nur allgemein aufgefordert hatten, auf Webseiten Kontodaten oder Passwörter zu hinterlassen, wurden die E-Mail-Empfänger nun vermehrt auch mit persönlicher Anrede zum Öffnen des Anhangs oder zum Anklicken eines Links in der Mail aufgefordert. „Damit nahmen die Cyberkriminellen eine neue Stufe arglistiger Täuschung“, bilanziert Schuldzinski.
Die Verbraucherschützer waren auch gefragt, wenn es beim Stromanbieterwechsel hakte oder Versorger versuchten, ihre Kunden mit unzulässigem Geschäftsgebaren zu übervorteilen. Dauerärgernis: Neukunden von Billigstromanbietern wurden zunächst Bonuszahlungen versprochen, diese dann aber mit fadenscheinigen Argumenten verweigert. Ärger brach sich auch Bahn, wenn Billigstromanbieter ihren Kunden die Guthaben aus Jahresrechnungen nicht wie vorgeschrieben sofort auszahlten, sondern erst mit den nächsten Abschlägen verrechneten. Außerdem wurden vielfach zu hohe Abschlagsforderungen verlangt, die sich nicht am tatsächlichen Verbrauch des Kunden orientierten. Mit einer Reihe von Verfahren hat die Verbraucherzentrale die unlauteren Geschäftspraktiken in die Schranken gewiesen.
Auch die wachsende Zahl von Energieschuldnern hatte die Verbraucherzentrale im Blick: 92.000 verhängte Stromsperren, mehr als zwei Millionen Androhungen und 400.000 unmittelbare Ankündigungen einer Sperre – so die Ergebnisse einer Umfrage bei den 106 Grundversorgern in NRW. „Wer seine Stromrechnung nicht mehr bezahlen kann, steht mit durchschnittlich 1.300 Euro bei seinem Versorger in der Kreide. Hinter den Energieschulden verbergen sich jedoch nicht nur Außenstände bei Abschlagszahlungen oder Jahresendabrechnungen, sondern teilweise auch hohe Kosten für Mahnungen, Inkasso sowie für die Unterbrechung beziehungsweise Wiederherstellung der Stromversorgung“, erläutert der Verbraucherzentralenvorstand das vielschichtige Schuldenproblem. Im Projekt „NRW bekämpft Energiearmut“ bietet die Verbraucherzentrale in acht Städten gezielte Budget- und Rechtsberatung für Energieschuldner an. Drohende Stromsperren konnten dadurch in 80 Prozent der Fälle verhindert werden.
Igel-Aerger – das neue Portal, in dem Patienten ihren Beschwerden über kostenpflichtige Zusatzleistungen in Arztpraxen Luft machen können, hat seit dem Start im September fast 1.000 Einträge auf der Pinnwand. Jeder Fünfte monierte, dass es bereits im Vorzimmer vieler Ärzte Praxis sei, die Zustimmung für oder den Verzicht auf eine IGeL auf einem Formular ankreuzen und unterschreiben zu lassen.
Die Verbraucherzentrale hat inzwischen 60 Beratungsstellen in NRW, die 61. wird in diesem Jahr in Neuss eröffnet. Mit einem neuen Konzept zur „Verbraucherberatung im Quartier“ startet sie in den nächsten Monaten in Köln, um für die Menschen auch „vor Ort“ erreichbar zu sein. Außerdem: In rund 400 Veranstaltungen macht sie in Sachen Verbraucherbildung Schule. „Konsumieren will gelernt sein“ – so der Titel der Unterrichtseinheiten.
Der Jahresbericht der Verbraucherzentrale NRW ist im Internet unter
www.vz-nrw.de/jahresbericht zu finden.
Pressemeldung Verbraucherzentrale NRW
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