Neben Amazon und eBay hat sich mit MeinPaket ein weiterer Marktplatz etabliert. Doch Vorsicht: Das Tochterunternehmen der Post überrascht mit einem Possenspiel beim Preis. Wer sich davon narren lässt, zahlt deutlich mehr. Das beobachtete die Verbraucherzentrale NRW über Monate auf MeinPaket.
„Immer neu, immer zum Top-Preis“: Seit vier Jahren macht „MeinPaket“ Furore im Netz. Der Marktplatz ist eine Tochter des Paketdienstes DHL und damit des Milliarden-Konzerns Deutsche Post. Mehr als 2800 Händler präsentieren über zehn Millionen Produkte – von Technik bis Textilien, von Schmuck bis Spielzeug.
Fast drei Millionen Kunden haben sich registriert, bereits 2012 waren „deutlich über 100 Millionen Euro“ Umsatz zu vermelden. Motto: „Wir sind angetreten, um das Einkaufen im Internet für jeden zum Erlebnis zu machen.“
Das stimmt. Vor allem bei den Preisen ist auf MeinPaket viel zu erleben. Wie in einem Basar aus 1000 und einer Nacht fühlten sich jedenfalls die Tester der Verbraucherzentrale NRW, als sie online über den Marktplatz bummelten.
Ein Beispiel: Ein Samsung-TV „UE 46 F 6500“ lockte, um über 200 Euro reduziert, für 999,92 Euro. Wer das Schnäppchen kaufte, darf sich ärgern. Denn zeitgleich verkaufte MeinPaket das Gerät desselben Shops für 50, für 60 oder 70, sogar für 80 Euro weniger.
Im Klartext: Das TV gab´s vom selben Händler zu mindestens fünf verschiedenen Preisen. Und das hat – mit Ausnahme weniger Warengruppen (Bücher, Münzen) und Sonderangeboten – System bei Millionen Produkten auf MeinPaket.
Preise drücken kann jeder:
vorausgesetzt, man weiß, wie und wo. MeinPaket hat dafür an der Kasse das unscheinbare Feld „Gutschein einlösen“ eingerichtet. Pech hat, wer bei dem Feld nur an bereits bezahlte Einkaufs-Gutscheine denkt. Der berappt den vollen Preis.
Um kostenlos Rabatte sprudeln zu lassen, müssen Codes eingetippt werden. Das Angenehme: Im Gegensatz zu Konkurrenten, die individuelle Kryptocodes wie etwa „W78kf9k“ verteilen, nutzt MeinPaket dauerhaft für alle Kunden dieselben.
Sie heißen – leicht zu merken – „5sparen“, „6sparen“, „7sparen“ und „8sparen“. Die Ziffern zeigen die Prozente an, um die Preise nach unten rauschen. Aktiv sind in der Regel mindestens zwei Varianten.
Schräg wie dieses System ist auch die Art und Weise, wie der Marktplatz mit seinen Rabattcodes umgeht. Arglose Kunden erfahren darüber beim Shoppen nichts. Wer hingegen auf die Idee kommt, im Produkt-Suchfeld nach „Gutschein“ zu fahnden, kommt auf eine Info-Seite. Doch die klärte bei Testbesuchen zumeist nur über die Existenz von gerade mal drei Codes („5“-, „6“-, „7sparen“) auf.
Irritierend jedoch: Oftmals gab es auf der Seite die Information, dass die Gültigkeit der drei Gutscheine abgelaufen sei, mal um einen Tag, mal um viele Wochen. Glauben sollte man das besser nicht, wie eine Dauerbeobachtung der Verbraucherzentrale erwies. Über Monate akzeptierte der Marktplatz anstandslos jeweils mehrere der Codes.
Ebenso eigenwillig wirkte der MeinPaket-Auftritt bei externen Zubringern von Kunden: beispielsweise Preissuchmaschinen. Üblicherweise sind die Eurodetektive dafür bekannt, Artikelpreise und Versandkosten von Shops zu sortieren.
Doch einige bieten durchaus mehr: etwa Geizhals und Idealo. Beide Portale nämlich verwiesen im Beobachtungszeitraum bei der DHL-Tochter gern auch auf deren „5“- oder „6sparen“-Codes.
Damit nicht genug. Geizhals und Idealo zogen die Prozente direkt vom Preis ab. Die Folge lag auf der Hand: In den Ergebnislisten standen MeinPaket-Offerten höher als bei Such-Konkurrenten.
Kurios: Noch besser wusste es oftmals Billiger. Diese Suchmaschine wurde mit Codes gefüttert, die mitunter bis zu zwei Prozent höher ausfielen – etwa „7“- oder „8sparen“. Da die Rabatte ebenfalls gleich ins Ergebnis einflossen, belegten einige MeinPaket-Artikel sogar den Spitzenplatz im Ranking von Billiger.
Doch Vorsicht: Die Klaviatur der Preisfinder wurde außerordentlich virtuos gespielt. Deshalb tauchte bei weitem nicht immer ein Spar-Bon in den Ergebnissen der drei Suchmaschinen auf. Beispiele dafür: ein Medion-DVD-Player bei Idealo, ein Yamaha-Keyboard bei Billiger. Die Geräte hatten es im Ranking auch ohne Code-Boost an die Spitze geschafft. Doch wer dessen ungeachtet an der MeinPaket-Kasse die Codes ausprobierte, durfte sich über weitere sieben Prozent Nachlass freuen.
Verwirrung stiftete der Marktplatz selbst bei den Rabatt-Experten im Netz: den Gutscheinportalen. Sie sind für versierte Verbraucher die letzte Station, bevor sie auf den „Kaufen“-Button drücken. Bei ihnen lässt sich nämlich checken, ob es zum ausgewählten Produkt oder Shop momentan einen Aktionsrabatt gibt.
Die Sparwelt knarrte allerdings verdächtig in den Fugen, wenn dem gleichnamigen Portal – wie anderen Konkurrenten – lediglich ein Teil der aktiven Codes gemeldet wurde. Bei anderen Bon-Suchern wiederum fehlte MeinPaket komplett oder es wurden erneut falsche Angaben zur Gültigkeitsdauer gemacht.
Von der Verbraucherzentrale auf solche Merkwürdigkeiten angesprochen, antwortete die DHL-Pressestelle: „Wir spielen die Gutscheine strategisch und kanalabhängig aus.Die Beratung, welcher Gutschein sich für welches Produkt am besten eignet, erfolgt über die Gutscheinportale.“
Angesichts solcher Verkaufsstrategie gilt wohl nur für die cleversten Sparfüchse das MeinPaket-Motto: „Shoppen Sie sich glücklich“. Der Rest muss sich mit höheren Preisen abfinden.
Denn verboten ist das Possenspiel mit Preisen und Prozenten nicht. So ist es einem Internethändler durchaus gestattet, Kunden unterschiedlich für ein Produkt abzukassieren. Darauf hat die Verbraucherzentrale NRW bereits vor Monaten hingewiesen, als ihre Tester bei einer Stichprobe feststellten: Handy- und Tablet-Käufer zahlen beim selben Händler mitunter höhere Preise als Shopper am Festnetz-PC (www.vz-nrw.de/app-einkauf).
Der damalige Trost-Tipp der Verbraucherzentrale passt auch zu MeinPaket. Die Chance auf den
Bestpreis wahrt, wer ihn innerhalb der 14-tägigen Widerrufsfrist entdeckt. Der Widerruf und eine Neubestellung mit Prozente-Abzug kann sich richtig lohnen. Bei einer regulären Einkaufssumme von 1000 Euro sind so oftmals bis zu 80 Euro Ersparnis drin.
Noch mehr kann sogar drin sein, wenn ohne Umweg über den Marktplatz direkt im Händlershop bestellt wird. Denn dort, das belegen Beispiele der Verbraucherschützer, gab es Artikel ganz ohne Rabatt-Gedöns mitunter deutlich billiger als auf MeinPaket mit.
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