VerbraucherzentraleMit Langzeit-Garantien von 30 Jahren bis „lebenslang“ ködern viele Firmen ihre Kunden. Bei Fahrrädern und Ferngläsern, bei Kochtöpfen und Kinderwagen soll so die Qualität und Haltbarkeit der Produkte unterstrichen werden. Doch Vorsicht. Eine Stichprobe der Verbraucherzentrale NRW zeigt: Kunden sollten sich davon nicht beeindrucken lassen. Denn die meisten Garantien werden im Kleingedruckten arg eingegrenzt und helfen im Schadenfall kaum.

Zwei Jahre müssen laut Gesetz Händler für Mängel ihrer Neuwaren einstehen. Doch diese Gewährleistungspflicht ist einigen Verkäufern zu lang. Deshalb berufen sie sich nach sechs Monaten auf die Umkehrung der Beweislast. Dann müssen Kunden belegen, dass der Fehler schon beim Kauf vorhanden war. Da das in der Regel kaum möglich ist, endet der Käuferschutz in diesem Fall faktisch schon nach sechs Monaten.

So weit, so schlecht. Doch es geht auch anders. Freiwillig bieten etliche Hersteller, Verkäufer und Dienstleister viel, viel mehr – per Langzeit-Garantie. 10, 20, 30 Jahre oder gar lebenslänglich wollen sie ausdrücklich für die Qualität ihrer Produkte und Dienstleistungen gerade stehen.

Insgesamt 20 dieser Super-Garantien hat sich die Verbraucherzentrale NRW genauer angeschaut. Dabei waren zwölf lebenslange und acht 30-jährige Offerten. Langzeit-Garantien fanden sich etwa für Fahrräder von Giant und Cannondale, für Schüsseln von Tupperware und Rucksäcke von Eastpak, für den Einbau von Autoscheiben (Carglass) und Zahnarztleistungen (Dentimeurope). Selbst Ehepartnern winkte eine lebenslange Bindung, während der die Firma Trauringwelt gelobte, jegliche Risse und Brüche zu kitten.

Doch blind vertrauen sollten Kunden den Versprechen besser nicht. Denn eine „Garantie ohne Wenn und Aber“ fanden die

Verbraucherschützer nur beim Klamottenverkäufer Lands`End. Der wollte „jederzeit“ umtauschen oder den Kaufpreis erstatten.

Das Gros der Garantien war jedoch mit List und Lücken behaftet. Zu erahnen war das, wenn Firmen mit „bedingten“ oder „limitierten“ Zusagen warben.

Wer dann genauer hinschaute, dem offenbarten sich Bedingungen und Grenzen, die es in sich hatten. Bei exklusiven Uhren (Skagen) waren Armbänder, Glas und Batterie oder auch ungeschützte Kristalle und Verzierungen außen vor. Und selbst im Falle von Reparaturen, die von der Garantie abgedeckt sein sollten, konnten Versand- und Bearbeitungskosten anfallen. Die meisten Probanden erwähnten solche gravierenden Einschränkungen erst im Kleingedruckten, sprich in den Garantiebedingungen oder den AGB. Und die erwiesen sich als Fundgrube für Ärgerliches und Skurriles.

So bezog sich etwa eine 30-jährige Garantie für Bürostühle (Löffler) „auf eine durchschnittliche Nutzung des Sitzmöbels von ca. 8 Stunden je Arbeitstag“. Wer länger auf dem Stuhl hocke, dem würde der Schutz auf 20 oder sogar 10 Jahre verkürzt. Fragt sich nur, wie Löffler garantie-killende Sitzungen entlarven will? Da traf es sich, dass die meisten Firmen selbst entscheiden wollten, wann ein Garantiefall überhaupt vorliege; ob ein Schaden mutwillig herbeigeführt wurde oder auf einen Materialfehler zurückzuführen sei.

Ebenso absurd: Die Hälfte der Garantien in der Stichprobe galt allein für Erstbesitzer – etwa eines Motorrades oder eines Kinderwagens. Das sind Produkte, die eher selten 30 Jahre und mehr gefahren werden. Jede dritte der 20 Langzeit-Zusagen war obendrein mit dem Wunsch einer Gegenleistung verbunden. Dazu zählte etwa die Registrierung des Produkts – samt Preisgabe persönlicher Daten. Das konnte auch mal die Anzahl der Kinder oder eine bestehende Schwangerschaft sein.

Jedes Jahr eine Inspektion forderte wiederum der Motorradhändler Limbächer. Mit der verlängere sich seine Garantie auf Material- und Herstellungsfehler, „ein Motorradleben lang“. Im Streitfall habe ein Gutachter das letzte Wort. Senke der den Daumen, müssten die Kunden neben Reparatur und Ersatzteilen auch dessen Arbeit zahlen.

Ein „Pflegemittel“-Abo für bis zu 50 Euro im Jahr galt es im Onlineshop von Aqua-Comfort abzuschließen. Nur dann wären Käufer von Wasserbetten lebenslang gegen Schäden abgesichert: vorausgesetzt, sie träten an den „Schweißnähten“ von Superior-Wasserkernen auf. In diesem Fall endete die Garantie ausnahmsweise mal mit dem Ableben des „Erstkäufers“.

Logisch überfordert waren die Verbraucherschützer bei Orbea. Der Fahrradfabrikant empfahl seine lebenslange Garantie unter anderem bei Schäden durch Korrosion und Mängel am Lack. Andererseits jedoch sollte sie bei derartigen Schäden ein Jahr nach Ende der gesetzlichen Gewährleistung erlöschen, also spätestens drei Jahre nach Kauf.

Immer wieder erlischt auch die Begeisterung von Unternehmen für ihre Ewigkeitsgelübde. IKEA etwa entsorgte erst im September das vor zwei Jahren eingeführte „unbegrenzte Rückgaberecht „. Die verblüffende Begründung: Kunden hätten keinen Bedarf. Nur wenige hätten Regal „Billy“ oder Kleiderschrank „Pax“ wieder in die Filialen geschleppt.

Als dreiste Versprechensbrecherin outete sich vor kurzem die Postbank. Mit dem Slogan „Ein kostenfreies Girokonto – ein Leben lang – auch ohne regelmäßige Geldeingänge“ hatte sie vor Jahren viele Kunden angelockt. Doch plötzlich sollten sie ab November jeden Monat 3,90 Euro für die Kontoführung einplanen.

Es bedurfte schon eines formidablen Shitstorms sowie einer Abmahnung der Verbraucherzentrale Hamburg, um das Geldinstitut wieder auf den rechten Weg zu bringen. Getreu dem Motto: „Versprochen ist versprochen und wird auch nicht gebrochen“.

Pressemeldung Verbraucherzentrale NRW


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