Verbraucherzentrale– Viele gesetzlich Krankenversicherte müssen im nächsten Jahr mit einem höheren Zusatzbeitrag rechnen, aber 2016 wird ihnen auch etliche Verbesserungen bringen.

– Der zweite Teil des Gesetzes zur Verbesserung der Pflege tritt in Kraft; allerdings sind die Änderungen größtenteils erst ab 2017 spürbar.

– Auch Flüchtlinge sollen die elektronische Gesundheitskarte erhalten.

– Bei Gelbfieber wird eine einmalige Impfung als Schutz genügen.

– Wer privat krankenversichert ist, soll bei seiner Versicherung künftig einfacher in einen anderen Tarif wechseln können. Das sehen Leitlinien des Verbands vor.
Viele gesetzlich Krankenversicherte müssen im nächsten Jahr mit einem höheren Zusatzbeitrag rechnen, aber 2016 wird ihnen auch etliche Verbesserungen bringen.
Durchschnittlicher Zusatzbeitrag bei 1,1 Prozent
Viele gesetzlich Krankenversicherte müssen 2016 höhere Beiträge aufbringen: Der durchschnittliche Zusatzbeitrag, der allein von den Arbeitnehmern zu tragen ist, steigt auf 1,1  Prozent. Damit erhöht sich der Gesamtbeitrag im Schnitt auf 15,7 Prozent.
Seit dem Jahreswechsel 2014/15 besteht der Krankenkassenbeitrag aus dem Sockelbeitrag von 14,6 Prozent, an dem sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu gleichen Teilen beteiligen, und dem je nach Kasse unterschiedlich hohen Zusatzbeitrag, den die Arbeitnehmer allein zahlen.
Diesen Zusatzbeitrag kann jede Kasse eigenständig festlegen. Er richtet sich unter anderem danach, wie wirtschaftlich eine Krankenkasse arbeitet. Einige verzichteten bislang ganz darauf, andere haben ihn bei 1,3 Prozent festgelegt.
Der durchschnittliche Satz der Zusatzbeiträge ergibt sich aus den Daten des Schätzerkreises zur Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Danach liegt der durchschnittliche Zusatzbeitrag für 2016 mit 1,1 Prozent um 0,2 Prozentpunkte höher als 2015 (0,9 Prozent). Der GKV-Spitzenverband bietet eine Übersicht über die Zusatzbeiträge der einzelnen Krankenkassen.
Erheben Krankenkassen den zusätzlichen Beitrag erstmals oder wollen sie ihn anheben, dann müssen sie ihre Mitglieder vorab in einem gesonderten Schreiben auf das Recht zur Sonderkündigung sowie auf die Höhe des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes hinweisen.
Kassen, die einen Zusatzbeitrag über dem durchschnittlichen Satz verlangen, müssen ihre Mitglieder explizit über die Möglichkeit informieren, in eine günstigere Versicherung zu wechseln.
Wie hoch der Zusatzbeitrag bei den jeweiligen Kassen sein wird, wird voraussichtlich im Dezember festgelegt.

Zuzahlung bei Rezepten: Höhere Freibeträge
Höhere Freibeträge schonen ab 1. Januar 2016 den Geldbeutel bei den üblichen Zuzahlungen zu Rezepten und therapeutischen Behandlungen. Von den jährlichen Bruttoeinnahmen können dann für den im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehepartner oder eingetragenen Lebenspartner 5.229 Euro (bisher: 5.103 Euro) abgezogen werden. Der Kinderfreibetrag wird von bisher 7.152 Euro auf 7.248 Euro für jedes Kind angehoben.
Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung müssen seit 2004 Zuzahlungen zu ärztlichen Verordnungen leisten (ausgenommen sind Kinder und Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr). Dabei hat der Gesetzgeber allerdings eine Belastungsgrenze von 2 Prozent der jährlichen Bruttoeinnahmen als Deckel festgelegt (bei chronisch Kranken: 1 Prozent). Wird dieses Limit überschritten, ist der Versicherte von weiteren Zuzahlungen befreit.
Bei der Berechnung ziehen die Krankenkassen von den jährlichen Bruttoeinkünften die jeweiligen Freibeträge ab – und zwar für mit im Haushalt lebende Ehegatten und eingetragene Lebenspartner sowie für Kinder.

Ärztliche Diagnose: Recht auf zweite Meinung
Bei bestimmten, planbaren Eingriffen haben Patienten ab dem 1. Januar 2016 einen gesetzlichen Anspruch auf eine unabhängige ärztliche Zweitmeinung. Das Recht soll vor allen Dingen Krankheitsbilder umfassen, bei denen die Gefahr einer unnötigen Operation besteht. Welche das genau sind, legt der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) bis zum Jahresende fest. Auch Krankenkassen können darüber hinaus in ihren Satzungen Angebote zur Zweitmeinung festlegen.
Indem sie einen weiteren Arzt nach seiner Meinung fragen, sollen sich Patienten in Zukunft darauf verlassen können, dass nur operiert wird, wenn es medizinisch geboten ist. Das Gesetz sieht vor, dass der Arzt, der den Eingriff empfiehlt, den Patienten über sein Recht auf die zweite Meinung informiert und auch auf Listen mit möglichen Zweitgutachtern bei der Kassenärztlichen Vereinigung oder der Landeskrankenhausgesellschaft hinweisen muss.
Diese Aufklärung sollte mindestens zehn Tage vor dem Eingriff erfolgen; dann hat der Versicherte noch ausreichend Zeit, um zu entscheiden, ob er erst noch eine Zweitmeinung einholen will.
Eine Zweitmeinung dürfen ausschließlich Ärzte abgeben, die für die jeweilige Krankheit die vom Gemeinsamen Bundesausschuss definierten fachlichen Kriterien erfüllen.

Facharzttermine binnen vier Wochen
Gesetzlich Krankenversicherte haben künftig einen Anspruch auf einen zeitnahen Termin beim Facharzt. Was das genau heißt, steht im GKV-Versorgungsstärkungsgesetz. Ab 23. Januar 2016 sollen neu eingerichtete Terminservicestellen bei den Kassenärztlichen Vereinigungen, gegebenenfalls in Kooperation mit den Krankenkassen, allen gesetzlich Versicherten zu ihrem Recht verhelfen.
Wer sich dort hinwendet, bekommt innerhalb einer Woche einen Termin beim Orthopäden, Röntgenfacharzt oder Neurologen mitgeteilt. Die Wartezeit auf diesen Termin darf vier Wochen nicht überschreiten. Gelingt das der Terminservicestelle nicht, muss sie dem Patienten eine Untersuchung in einem Krankenhaus ermöglichen.
Allerdings gilt dies nicht uneingeschränkt: So berechtigen verschiebbare Routineuntersuchungen sowie Bagatellerkrankungen nicht zu einem raschen Termin. In diesen Fällen kann ein Besuch beim Facharzt in angemessener Zukunft vermittelt werden.
Patienten benötigen eine Überweisung zu dem jeweiligen Facharzt, wenn sie angesichts von langen Wartezeiten die Vermittlung durch die Terminservicestellen in Anspruch nehmen wollen. Ausnahmen hiervon gelten nur beim Besuch von Augen- und Frauenarzt.
Wer die Terminservicestelle seiner Krankenversicherung um eine Facharztvermittlung bittet, verzichtet auf die freie Arztwahl: Der Patient kann nicht vorgeben, zu welchem Arzt er vermittelt werden möchte. Passt ihm der neue Termin jedoch nicht, ist er nicht verpflichtet, ihn anzunehmen. Weiterhin ist der Besuch beim Wunsch-Arzt über die reguläre Terminvergabe in der Praxis möglich.

Mehr Prävention per Gesetz
In Kraft getreten ist es bereits im Juli 2015, doch wirksam werden einige Regelungen des Präventionsgesetzes erst Anfang 2016. Und: Die konkreten Auswirkungen werden bei den gesetzlich Krankenversicherten erst nach und nach ankommen.
So müssen die gesetzlichen Krankenkassen ab dem nächsten Jahr je Versicherten 7 Euro für die Prävention aufbringen; auch die Pflegekassen sollen 30 Cent je Versicherten für Prävention und Gesundheitsförderung in Pflegeheimen ausgeben.
Die damit zu finanzierenden Leistungen müssen nach einheitlichen Qualitätskriterien überprüft und zertifiziert werden.
Für Krankenkassen sind die bislang freiwilligen Bonusprogramme nun verpflichtend; für Versicherte ändert sich dadurch jedoch nichts, weil die Programme für die Kassen bereits Alltag sind.
Früherkennungsuntersuchungen für Erwachsene und Kinder sollen künftig stärker als bisher auch auf individuelle Risiken und Ressourcen eingehen. Dazu sollen Ärzte Präventionsempfehlungen abgeben, an denen sich die Krankenkassen orientieren können. Details dazu soll der Gemeinsame Bundesausschuss bis Ende Juli 2016 festlegen.
Es bleibt abzuwarten, wie die Früherkennungsuntersuchungen und Präventionsempfehlungen durch die Ärzte ausfallen und welche Ansprüche daraus für Versicherte erwachsen.

Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung: Schluss mit Zettelwirtschaft
Bei Krankschreibungen wird es für gesetzlich Krankenversicherte ab 1. Januar 2016 nur noch ein Formular geben. Während Ärzte bislang für den Bezug von Krankengeld einen „Auszahlschein“ für die Krankenkasse und die gelbe Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) zur Vorlage beim Arbeitgeber ausgestellt haben, gibt es mit dem Jahreswechsel nur noch ein AU-Formular, das beide integriert.
Neben dem Arzt, der Krankenkasse und dem Arbeitgeber erhält künftig auch der Patient eine Ausfertigung seiner Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Diesem Durchschlag kann der Patient Fristen und wichtige Informationen zum Krankengeld entnehmen.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) haben sich im Zuge des Bürokratieabbaus auf das neue Formular bei Krankschreibungen verständigt.

Der zweite Teil des Gesetzes zur Verbesserung der Pflege tritt in Kraft; allerdings sind die Änderungen größtenteils erst ab 2017 spürbar.
Gleich zu Beginn des neuen Jahres tritt zwar der zweite Teil des Pflegestärkungsgesetzes in Kraft ‒ auf den Großteil der Leistungen für Pflegebedürftige und deren Angehörige sowie auf das neue System der Begutachtung wird es sich jedoch erst ab Anfang 2017 auswirken.
Denn erst ab dem 1. Januar 2017 wird die neue Definition von Pflegebedürftigkeit ‒ mit fünf Pflegegraden anstelle der bislang drei Pflegestufen ‒ angewandt. Der bisherige Begriff der Pflegebedürftigkeit orientiert sich vor allem an körperlichen Einschränkungen und wird deshalb den Menschen mit kognitiven oder psychischen Beeinträchtigungen kaum gerecht; in Zukunft werden sowohl der Verlust körperlicher und kognitiver Fähigkeiten als auch psychische Erkrankungen gleichermaßen erfasst und bei der Beurteilung und Einstufung in einen Pflegegrad berücksichtigt. Demenzkranke, die bislang die sogenannte Pflegestufe 0 haben, werden ab 2017 regulär in das System der Pflegeversicherung aufgenommen.
Wer bis zum 31. Dezember 2016 als pflegebedürftig anerkannt ist, der wird zum 1. Januar 2017 automatisch in einen der neuen Pflegegrade übergeleitet und darüber schriftlich von seiner Pflegekasse informiert. Ein Antrag muss nicht gestellt werden. Ausgeschlossen ist, dass jemand durch die Überleitung schlechter gestellt wird als zuvor und Leistungen reduziert werden.
Wer ab dem 1. Januar 2017 pflegebedürftig wird, wird aufgrund des neuen Systems begutachtet und in einen Pflegegrad eingestuft.
Ab Januar 2016 können Pflegebedürftige und deren Angehörige schon von einer besseren Beratung profitieren: So benennen Pflegekassen dann feste Ansprechpartner, die unterstützen und helfen, den Antrag zu stellen. Zudem haben dann auch pflegende Angehörige einen Anspruch auf Beratung ‒ der war bislang nur den Pflegebedürftigen selbst vorbehalten.

Auch Flüchtlinge sollen die elektronische Gesundheitskarte erhalten.
Auch Flüchtlinge sollen die elektronische Gesundheitskarte (eGK) erhalten – so sieht es das Asyl-Beschleunigungsgesetz vor. Allerdings müssen die medizinischen Leistungen, die über diese Karte zu erhalten sind, nicht in vollem Umfang denen des üblichen Gesundheitsausweises entsprechen. Außerdem bleibt es den Ländern überlassen, ob sie überhaupt eine Karte für Flüchtlinge einführen und welche Regelungen sie im Detail vorsehen.
Einige Bundesländer haben bereits Vereinbarungen mit mehreren Krankenkassen getroffen, um Asylbewerbern auch in den ersten 15 Monaten eine eGK ausstellen zu können und ihnen so den regulären Zugang zur gesundheitlichen Versorgung zu ermöglichen. Dazu muss aber zunächst jede einzelne Kommune diesem Vertrag beitreten.
Eine Übersicht über den Stand in den einzelnen Bundesländern bietet die Ärzte-Zeitung.
In Nordrhein-Westfalen wird aller Voraussicht nach ab Januar 2016 zunächst nur eine Handvoll kleinerer Kommunen die eGK an Flüchtlinge ausgeben. Fürs zweite Quartal wird erwartet, dass sich mehr Städte und Gemeinden beteiligen.
Da die Ausstellung der Krankenversicherungskarte einige Zeit dauert, führt der Weg auch bei dieser Variante als erstes zum örtlichen Sozialamt. Dort bekommen die Hilfesuchenden zunächst einen vorläufigen Abrechnungsschein. Die elektronische Karte wird ihnen dann von der Krankenkasse direkt zugestellt. Eine freie Wahl der Krankenkasse besteht allerdings nicht. Jede Gemeinde wird von einer gesetzlichen Krankenkasse betreut. Asylbewerber erhalten damit jedoch nahezu den gleichen Leistungsumfang wie gesetzlich Versicherte. Lediglich bei einer kleineren Auswahl an Leistungen muss die Gemeinde nach wie vor zustimmen.

Bei Gelbfieber wird eine einmalige Impfung als Schutz genügen.
Für die Einreise in viele Länder Mittel- und Südamerikas sowie in afrikanische Länder südlich der Sahara ist eine Impfung zum Schutz vor der lebensbedrohlichen Gelbfieberinfektion seit langem Pflicht.
Nach der Auswertung von neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Internationalen Gesundheitsvorschriften (IHR) nun geändert. Während der Impfschutz gegen den Stich der Gelbfiebermücke bislang alle zehn Jahre aufgefrischt werden musste, reicht ab Juni 2016 eine einmalige Impfung für lebenslangen Schutz.
Trotz der verbindlichen Vorgaben der WHO wird abzuwarten sein, ob diese tatsächlich an allen Grenzen zeitnah umgesetzt werden. So ist nicht ausgeschlossen, dass manche Länder weiterhin noch einen Nachweis verlangen, dass die Impfung nicht länger als zehn Jahre zurückliegt. In welchen Staaten der Nachweis der Auffrischimpfung bei der Einreise weiterhin nötig ist, kann bei der WHO eingesehen werden.

Wer privat krankenversichert ist, soll bei seiner Versicherung künftig einfacher in einen anderen Tarif wechseln können. Das sehen Leitlinien des Verbands vor.
Bereits 2014 hat der Verband der Privaten Krankenversicherungen (PKV) einen Leitfaden auf den Weg gebracht, der es Versicherten erleichtern soll, in einen günstigeren Tarif zu wechseln. Ab dem 1. Januar 2016 verpflichten sich die im Verband organisierten Versicherer, diese Leitlinien verbindlich einzuführen.
Nach dem Versicherungsvertragsgesetz haben Kunden einer privaten Krankenversicherung stets das Recht, bei ihrem Anbieter in einen anderen Tarif zu wechseln. In der Praxis allerdings scheuten sich Versicherer oftmals nicht, allerlei Hürden aufzustellen: Wer wechseln wollte, wurde oft hingehalten und mit dem Hinweis auf vermeintliche Verschlechterungen abgeschreckt. Die nun verbindliche Einführung des Leitfadens soll ab dem nächsten Jahr mehr Verbraucherschutz gewährleisten.
So ist zum Beispiel vorgesehen, Wechselanfragen innerhalb von 15 Arbeitstagen zu beantworten, dem Versicherten möglichst viele Tarifmöglichkeiten aufzuzeigen und diejenigen vorab auszuwählen, die im Einzelfall am besten geeignet sind. Außerdem soll die Auswahl von einem unabhängigen Wirtschaftsprüfer testiert sein, damit sie wirklich im Kundeninteresse erfolgt. Eine eventuell erforderliche erneute Risikoprüfung soll unverzüglich erfolgen. Die Rückstellungen fürs Alter, die dazu dienen sollen, die in späteren Jahren häufig extrem steigenden Beiträge abzufedern, werden in der Regel mitgenommen, wenn der Versicherte bei seiner Assekuranz intern in einen anderen Tarif wechselt.
Außerdem verpflichten sich die im PKV organisierten Versicherer, die Grundsätze verbindlich anzuerkennen, wenn der Ombudsmann eingeschaltet wird. Im Streitfall ermöglicht dies den Kunden auch eine Schlichtung außerhalb des Gerichtssaals. Die Leitlinien anerkannt haben bislang 25 Versicherer, die der PKV-Verband im Internet aufführt.

Pressemeldung Verbraucherzentrale NRW alle Angaben ohne Gewähr


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