Der Vorstand der Ärztekammer Westfalen-Lippe (ÄKWL) hat in seiner jüngsten Sitzung die aktuellen Pläne des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) zur Reform der Notfallversorgung scharf kritisiert. Kammerpräsident Dr. Theodor Windhorst nennt das neue Modell einen „unüberlegten Kahlschlag bei der Flächen-Notfallversorgung durch die Krankenhäuser, der letztendlich auch die gezielte triagierte Behandlung von Notfallpatienten gefährden kann“.

 

Der GBA plant, dass zukünftig nur 1120 von bisher 1748 Kliniken zusätzliche finanzielle Mittel für die stationäre Behandlung von Notfällen erhalten. Das Reformkonzept sieht dann drei Stufen der Notfallversorgung vor: Basisversorgung, erweiterte Versorgung, umfassende Notfallversorgung. Die Kliniken, die Notfallstrukturen vorhalten, bekommen Vergütungszuschläge. Krankenhäuser, die keiner Stufe zugeordnet werden können, erhalten keine Vergütung von Notfällen, müssen sogar durch Abschläge die anderen Leistungserbringer mitfinanzieren.

 

„In Nordrhein-Westfalen würde das für ein Viertel der Krankenhäuser bedeuten, dass sie nicht mehr an der Notfallversorgung teilnehmen können, insbesondere zum Beispiel im Bereich Ostwestfalen-Lippe, wo es überwiegend flächenorientierte ländliche Strukturen gibt. Und dafür müssten sie auch noch eine finanzielle Belastung hinnehmen.

 

In Zeiten einer steigenden Inanspruchnahme der Notfallstrukturen mit stundenlangen Wartezeiten und überfüllten Notfalleinrichtungen kann eine Gesamtreduktion nicht sinnvoll sein“, so Windhorst. „De facto ist das die Abschaltung der kleinen Häuser. Eine Neuorientierung mit Augenmaß muss folgen.“ Eine “Wir-schalten-jetzt-einfach-mal-ab-Diskussion“, die auf Mittelwertdaten basiere, sei nicht nachvollziehbar und dürfe auch nicht erfolgen.

 

Der Vorstand der ÄKWL vertritt die Position, dass eine sinnvolle und qualitativ gute Erstversorgung mit Triage (Verletztenbegutachtung) überall dort durchgeführt werden kann, wo Ärzte und Pfleger vorhanden sind. Auch in der Notfallversorgung sei die Qualitätsfrage für das gesamte System von hoher Bedeutung.

 

Zwar sehe die ÄKWL die Notwendigkeit, Patientenströme im Notfall zu lenken. Dies könne aber nur mit der geforderten und vorgeschriebenen Folgenabschätzung für die zukünftige Patientenversorgung geschehen. ‚Wohin in der Not?’, fragten sich die Patienten, sagt Windhorst.

 

Der Patient müsse besser einen Arzt ansteuern als ziellos in alternativen Versorgungssystemen Hilfe zu suchen, so wie es ja auch im allgemeinen Notfalldienst erfolge. „Mit Arzt ist hilfreich – ohne Arzt kann es gefährlich sein“, so der Kammerpräsident weiter. „Wenn das Land nicht aufpasst, kann diese Bundesregelung ein Klinik- Abschalten einläuten, zumindest aber die Notfallversorgung stark erschweren und einschränken. Über den föderalen Weg muss Schlimmeres verhindert werden.“

 

Das GBA-Konzept hätte auch Auswirkungen auf die Planungen der Integrierten Notfallzentren und würde zusätzliche Belastungen für die Niedergelassenen nach sich ziehen. Deshalb fordert Windhorst eine aussagekräftige Folgenabschätzung des GBA-Modells. „Wer solche Pläne hat, muss vorher auch die Auswirkungen genau analysieren.“ Die ÄKWL sieht dies nicht ausreichend gewährleistet.


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